Betreuungsfreibetrag: Bei volljährigen Kindern ist Übertragung auf den anderen Elternteil ausgeschlossen




Für steuerlich anerkannte Kinder gewährt der Fiskus pro Jahr und Elternteil einen Freibetrag von 2.586 EUR für das sächliche Existenzminium des Kindes (sog. Kinderfreibetrag) und einen weiteren Freibetrag von 1.320 EUR für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (sog. Betreuungsfreibetrag). Bei zusammen veranlagten Elternteilen lassen sich somit insgesamt 7.812 EUR steuerlich geltend machen.

Zur Übertragung der Freibeträge sieht das Einkommensteuergesetz (EStG) zwei Regelungen vor:

  • Kinderfreibetrag: Bei getrenntlebenden oder geschiedenen Elternpaaren kann ein Elternteil erreichen, dass der Kinderfreibetrag, der dem anderen Elternteil zusteht, auf ihn übertragen wird. Diese Übertragung nimmt das Finanzamt auf Antrag vor, wenn der antragstellende Elternteil, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind im Wesentlichen nachkommt.
  • Betreuungsfreibetrag: Der Betreuungsfreibetrag darf nach dem Wortlaut des EStG nur bei minderjährigen Kindern auf einen Elternteil übertragen werden. Eine Übertragung kann derjenige Elternteil beantragen, bei dem das Kind gemeldet ist. Der andere Elternteil kann der Übertragung allerdings widersprechen, wenn er nachweisen kann, dass er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig (in einem nicht unwesentlichen Umfang) betreut.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass der Betreuungsfreibetrag bei volljährigen Kindern nicht übertragen werden kann. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Mutter in ihrer Einkommensteuererklärung 2014 die Übertragung der dem Vater zustehenden Kinderfreibeträge und Betreuungsfreibeträge für die beiden volljährigen Kinder beantragt. In erster Instanz hatte das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschieden, dass die dem Vater zustehenden Betreuungsfreibeträge nicht auf die Mutter übertragen werden können.

Der BFH folgte dieser Sichtweise und erklärte, dass eine Übertragung des Betreuungsfreibetrags bei volljährigen Kindern nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehen sei. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung dahin gehend, dass der Betreuungsfreibetrag auch bei volljährigen Kindern übertragen werden kann, ist nach Auffassung des BFH nicht möglich. Hätte der Gesetzgeber die Regelung zur Übertragung des Betreuungsfreibetrags mit der zur Übertragung des Kinderfreibetrags koppeln wollen, hätte es hierfür einer klaren gesetzlichen Regelung bedurft.

Hinweis: Der BFH erklärte, dass es zwar rechtspolitisch wünschenswert erscheinen könnte, die Übertragung des Betreuungsfreibetrags bei volljährigen Kindern nach denselben Grundsätzen wie die Übertragung des Kinderfreibetrags zu regeln. Das Gericht verwies aber darauf, dass der Anwendungsbereich einer Vorschrift von der Verwaltung und den Gerichten nicht über die bewusst vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen ausgedehnt werden dürfe.

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(aus: Ausgabe 01/2021)