Erbschaft: Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden bei doppelter Besteuerung
Was gilt eigentlich, wenn gegenüber einem Erben zwei Steuerbescheide dieselbe Erbschaft betreffend erlassen werden? Eine Doppelbesteuerung ist in der Regel unzulässig - ein Steuerbescheid muss geändert werden. Dazu muss es sich allerdings auch tatsächlich um einen Steuerbescheid im Sinne des deutschen Steuerrechts handeln. Wann genau ein solcher vorliegt, hatte kürzlich das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) im Zusammenhang mit einem Schweizer Erbschaftsteuerbescheid zu entscheiden.
Ein in Deutschland steuerpflichtiger Erbe hatte von seiner Schwester, die Schweizer Staatsbürgerin war, Vermögen geerbt. Daraufhin zahlte er in der Schweiz Erbschaftsteuer. In Deutschland sollte er noch einmal Erbschaftsteuer zahlen. Nachdem der deutsche Bescheid bestandskräftig geworden war, erfuhr der Erbe von einer der Miterbinnen, dass das Schweizer Erbe in Deutschland eigentlich steuerfrei sein müsste. Laut Finanzamt konnte es den Bescheid nicht mehr geändert werden. Eine Änderung wäre nur möglich, wenn der schweizerische Steuerbescheid auch ein Steuerbescheid im Sinne des deutschen Steuerrechts wäre.
Zwei Fragen sind interessant: Warum ist das Schweizer Erbe in Deutschland steuerfrei? Und warum gilt ein Schweizer Erbschaftsteuerbescheid nicht als Steuerbescheid im Sinne des deutschen Steuerrechts? Die erste Frage ist einfach zu beantwoten: Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz sieht eine Steuerfreistellung von vererbtem unbeweglichen Vermögen in Deutschland vor, wenn die oder der Verstorbene Schweizer Staatsangehöriger war. Die zweite Frage ist schwieriger zu beantworten: Dass es sich um einen Steuerbescheid handelt, wird nicht bestritten. Nur dass dieser Bescheid dieselben Konsequenzen wie ein deutscher Steuerbescheid nach sich ziehen soll, wurde vom Finanzamt in Zweifel gezogen.
Hier stellt das FG jedoch klar: Unter Beachtung der auch im Verhältnis zu Drittstaaten verbürgten Kapitalverkehrsfreiheit ist ein Schweizer Steuerbescheid oder ein Steuerbescheid aus einem Staat der EU oder des EWR wie ein deutscher Steuerbescheid zu behandeln. Demnach darf ein steuerlicher Sachverhalt zuungunsten eines Steuerpflichtigen nicht doppelt erfasst werden. Sollte es dennoch wie im Streitfall dazu kommen, muss der Steuerbescheid trotz Bestandskraft geändert werden.
Hinweis: Der BFH wird diesen Streit in Kürze schlichten müssen, denn die Revision wurde bereits eingelegt. Wir informieren Sie über die kommende Entscheidung.
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(aus: Ausgabe 07/2016)