Offenbare Unrichtigkeit: Wann eine Bescheidänderung bei unvollständiger Steuererklärung (nicht) möglich ist
Will ein Steuerzahler nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist noch gegen einen endgültig ergangenen Steuerbescheid vorgehen, muss er einige verfahrensrechtliche Hürden überwinden, um mit diesem Ansinnen Erfolg zu haben. Eine Bescheidänderung kann beispielsweise erreicht werden, wenn dem Finanzamt beim Erlass des Bescheids eine sogenannte offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist (z.B. ein Schreib-, Rechen- oder Übernahmefehler). Dass dieser Änderungsweg nicht zwangsläufig eröffnet ist, wenn das Finanzamt seine Wertansätze aus unvollständig ausgefüllten Steuererklärungsvordrucken übernommen hat, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH).
Vorliegend hatte ein Bürger vergessen, seine Beiträge zur Basisrentenversicherung auf dem Hauptvordruck als Sonderausgaben einzutragen. Das Finanzamt übernahm diesen "Nullwert", obwohl der Bürger seiner Steuererklärung eine Bescheinigung der Versicherung über die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge beigefügt hatte.
Vor dem BFH wollte der Mann erreichen, dass das Finanzamt die Beiträge nach Ablauf der Einspruchsfrist noch als Sonderausgaben anerkennt. Er trug vor, dass seine vergessene Eintragung aufgrund der eingereichten Bescheinigung für das Finanzamt offensichtlich gewesen sei, so dass eine offenbare Unrichtigkeit vorliege, die eine Bescheidänderung nachträglich eröffne.
Der BFH lehnte eine Bescheidänderung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit jedoch ab und verwies auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der eine Unrichtigkeit nur dann "offenbar" ist, wenn der Fehler für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Hieran fehlte es im Urteilsfall, weil aus der Bescheinigung der Rentenversicherung nicht alle (erfüllten) Voraussetzungen für die steuerliche Abziehbarkeit der Beträge hervorgegangen waren. Hätte das Finanzamt die Bescheinigung geprüft, hätte es also noch weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben müssen, so dass die Unrichtigkeit nicht "offenbar" war.
Hinweis: Wäre aus der Bescheinigung der Rentenversicherung hervorgegangen, dass die Beiträge alle Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug erfüllt hatten, hätte der Bürger gute Chancen auf eine Bescheidänderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gehabt.
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(aus: Ausgabe 05/2017)