Schätzungsbescheid: Dokumentationsanforderung bei Schätzung durch das Finanzamt




In der Regel erlässt das Finanzamt Bescheide, wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Steuerpflichtige seine Erklärung nicht einreicht oder dem Finanzamt für die Veranlagung wichtige Informationen oder Dokumente fehlen. In einem solchen Fall erlässt das Finanzamt einen Schätzungsbescheid. Es darf aber Beträge nicht beliebig schätzen, sondern die Schätzung muss nachvollziehbar sein. Wann dieses Kriterium erfüllt ist, musste kürzlich das Finanzgericht Nürnberg (FG) entscheiden.

Der Antragsteller betreibt eine Kaffeebar in der Innenstadt. Nach einer Außenprüfung änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2014 zu Lasten des Antragstellers. Dieser legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Dies wurde vom Finanzamt abgelehnt. Die dem FG vom Finanzamt vorgelegten Akten enthielten nur spärliche Feststellungen zu den beanstandeten Buchführungsmängeln und keinerlei Nachweise hierzu. Zu den durchgeführten Kalkulationen gab es lediglich ein Blatt, das die Ergebnisse enthielt. Weitere Nachweise oder Erläuterungen waren in der Akte nicht zu finden.

Das FG gab dem Antragsteller recht. Die Feststellungslast für die steuererhöhenden Tatsachen liegt beim Finanzamt. Das Gericht konnte aufgrund der mangelhaften Aktendokumentation nicht entscheiden, ob die Bescheide rechtmäßig sind oder nicht. Dass die Besteuerungsgrundlagen dem Antragsteller nicht in einem für die Rechtsverteidigung ausreichenden Umfang mitgeteilt wurden, begründet bereits für eine AdV ausreichende ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide.

Das Finanzamt muss bei einer Schätzung durch ausreichende Belege die Zweifel an seiner Schätzungsbefugnis ausräumen. Auch muss es die Höhe der Schätzung durch eine nachvollziehbare Kalkulation begründen. Das heißt, es muss belegen, welche Ausgangszahlen zugrunde gelegt wurden und wie kalkuliert wurde. Im Streitfall fehlt jedoch in den Akten ein Beleg für die Schätzungsbefugnis des Finanzamts. Auch die Kalkulation ließ sich noch nicht einmal in Grundzügen überprüfen.

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(aus: Ausgabe 09/2018)