Vertrauensschutz: Finanzamt darf nicht gegen Treu und Glauben verstoßen
Nicht nur in einer Ehe sollte jeder Partner angemessene Rücksicht auf die Belange des anderen nehmen, auch in der Beziehung zwischen Bürger und Finanzamt ist dieser Grundsatz von Treu und Glauben von hoher Bedeutung.
Ein Finanzamt aus Niedersachsen hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erfahren, dass ein begangener "Vertrauensbruch" nicht ungeahndet bleibt: Im vorliegenden Fall hatte sich das Amt mit einer Klägerin vor dem Finanzgericht (FG) zunächst dahingehend verständigt, den streitgegenständlichen Änderungsbescheid aufzuheben und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Im Gegenzug hatte die Klägerin ihren Einspruch zurückgenommen und den Rechtsstreit ebenfalls für erledigt erklärt. Dieser Friede währte jedoch nicht lange, denn kurze Zeit später erließ das Finanzamt einen inhaltsgleichen Änderungsbescheid, den es nunmehr auf eine andere Rechtsgrundlage stützte.
Diesem Versuch des Amtes, seine Rechtsauffassung in einem zweiten Anlauf durchzusetzen, erteilte der BFH jedoch eine klare Absage. Nach Gerichtsmeinung war das Finanzamt aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben daran gehindert, im Nachgang einen inhaltsgleichen Steuerbescheid zu erlassen. Entscheidend hierfür war die zwischen den Prozessparteien getroffene verfahrensbeendende Absprache vor dem FG. Indem das Amt den ersten Änderungsbescheid aufgehoben und den Rechtsstreit uneingeschränkt für erledigt erklärt hatte, war bei der Klägerin ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der dazu geführt hatte, dass die Klägerin ihren Einspruch zurückgenommen und eine korrespondierende Erledigungserklärung abgegeben hatte - sie also ihren verfahrensrechtlichen "Besitzstand" aufgegeben hatte. Aufgrund des Verhaltens des Finanzamts im Finanzgerichtsprozess habe sie uneingeschränkt darauf vertrauen dürfen, dass das Amt sich hierzu künftig nicht in Widerspruch setzt.
Hinweis: Mit dem Urteil hat der BFH seine Rechtsprechung zum Vertrauensschutz des Bürgers auf Fälle ausgeweitet, in denen eine einvernehmliche Streitbeilegung vor dem FG vereinbart wird.
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(aus: Ausgabe 05/2017)